Stolperstein für

Jona Levy

Adresse: Thomasiusstraße 19

 

Jona Levys kurzes Leben hatte kaum begonnen, als es gewaltsam in Auschwitz endete. Er wurde am 18. Oktober 1942 in Berlin geboren. Am 3. März 1943 wurde der vier Monate alte Säugling mit seiner Familie aus der Hauptstadt in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Jona war der jüngere Sohn des aus Dortmund stammenden Felix Levy (*1902) und der Berlinerin Hildegard Levy, geborene Marcus (*1903). Er hatte einen ein Jahr älteren Bruder –den im August 1941 geborenen Denny Levy. Seine Eltern hatten Anfang der 1940er-Jahre geheiratet und lebten seitdem in der Wohnung von Jonas verwitweter Großmutter mütterlicherseits Klara Marcus, geborene Grund, im Vorderhaus des vierten Stocks der Thomasiusstraße 19. Klaras Ehemann Isaak Marcus war kurz vor der Geburt von Denny und Jona im Dezember 1940 verstorben.

Jona Levy wurde in eine Gesellschaft geboren, in der er als Sohn jüdischer Eltern als „Volksfeind“ galt und rassistischer Verfolgung ausgesetzt war. Sicher versuchten seine Eltern und deren Verwandte dem Säugling die bestmögliche Fürsorge zukommen zu lassen. Aber von der medizinischen Versorgung bis zur Beschaffung von Lebensmitteln waren alle Aspekte des Lebens in Berlin für die Familie zum Existenzkampf geworden. Für die Mittel des täglichen Bedarfs reichten die diskriminierenden Lebensmittelkarten für Juden kaum aus, die nur in bestimmten Geschäften und zu beschränkten Zeiten zum Bezug von Nahrung berechtigten. Ab dem Jahre 1942 wurden auch diese Mittel noch einmal drastisch eingeschränkt. Im Gegensatz zur deutschen Bevölkerung wurden den Juden im Reichsgebiet alle Sonderzuteilungen von Lebensmitteln und Kleiderkarten, die für Kranke oder werdende Mütter ausgegeben wurden, gestrichen. Sie durften auch kein Fleisch, keine Eier und keine Milch mehr erhalten, außerdem keine Weizenerzeugnisse wie Mehl und Weißbrot. Mit der Polizeiverordnung vom 1. September 1941 „über die Kennzeichnung der Juden“ konnten sich Jonas Eltern nur noch mit stigmatisierendem „Judenstern“ in der Öffentlichkeit bewegen. Spätestens seit Anfang der 1940er-Jahre musste Jonas Vater außerdem Zwangsarbeit leisten: Zuletzt als Arbeiter der Kondensatorenfabrik der Firma Ernst Roederstein in der Wusterhauser Straße 16 (heute überbaut) in Mitte.

Der Entrechtung folgte die Deportation: Bereits kurz vor seiner Geburt wurde Jonas Familie gewaltsam auseinandergerissen, als seine Großmutter im September 1942 aus der Wohnung in der Thomasiusstraße in das Ghetto Theresienstadt deportiert wurde. Die 70-jährige Klara Marcus überlebte die unmenschlichen Bedingungen im Ghetto nur wenige Wochen, bevor sie am 28. September 1942 in Theresienstadt ermordet wurde – entweder durch direkte oder indirekte Gewalteinwirkung mittels planvoller Mangelernährung, versagter Medikamente, Kälte und körperlichen Misshandlungen. Jonas Eltern wurden im Zuge der „Fabrik-Aktion“, bei der die letzten offiziell in der Hauptstadt verbliebenen Juden deportiert werden sollten, Ende Februar 1943 in Berlin verhaftet und zusammen mit Jona und Denny im Sammellager der ehemaligen Synagoge in der Levetzowstraße 7–8 interniert. Von dort wurde die Familie am 3. März 1943 mit dem „33. Osttransport“ in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo alle vier Familienmitglieder – vermutlich unmittelbar nach der Ankunft des Transports – ermordet wurden. Falls Felix oder Hildegard Levy noch als Häftlinge in das Lager selektiert worden sein sollten, so gehörten sie jedenfalls nicht zu den wenigen Überlebenden von Auschwitz.

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Biographische Zusammenstellung / Autor:

Indra Hemmerling

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Quellen:

  • Gedenkbuch. Online unter: bundesarchiv.de/gedenkbuch (aufgerufen am 15. Mai 2022).
  • Berliner Adressbücher 1910­–­­­1943; Jüdisches Adressbuch für Gross-Berlin 1929/1930 und 1931/1932. Online unter: zlb.de (aufgerufen am 26. Juli 2022).
  • Akte zu Felix Levy aus dem Bestand des Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg im Brandenburgischen Landeshauptarchiv (A Rep. 36A II Nr. 22275).
  • Opferdatenbank Yad Vashem. Central DB of Shoah Victims’ Names. Online unter: http://yvng.yadvashem.org (aufgerufen am 26. Juli 2022). Page of Testimony zu Hildegard Levy erstellt von Howard Bregman.
  • Ergänzungskarten für Angaben über Abstammung und Vorbildung aus der Volkszählung vom 17. Mai 1939 im Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde (Bestand R 1509).
  • Deportationslisten. Reproduktion im National Archives and Records Administration, USA, Signatur A3355: Jona Levy, „33. Osttransport“ (Lfd-Nr. 69); Denny Levy (Lfd-Nr. 68); Hildegard Levy, geborene Marcus (Lfd-Nr. 48); Felix Levy (Lfd-Nr. 1515); Klara Marcus, geb. Grund, „57. Alterstransport“ (Lfd-Nr. 24). Online unter: statistik-des-holocaust.de (aufgerufen am 26. Juli 2022).
  • Geburtsanzeige Hildegard Levy, geborene Marcus (Nr. 1840, Berlin am 13. Juli 1903). Register der Stadt Berlin. Landesarchiv Berlin. Online unter: ancestry.com (aufgerufen am 26. Juli 2022).
  • Eintrag zu Jona Levy in der Genealogie-Datenbank Geni. Online unter: https://www.geni.com/people/Jona-Levy/6000000038727307439 (aufgerufen am 26. Juli 2022).
  • Todesfallanzeige Klara Markus, geborene Grund, in der Opferdatenbank Theresienstadt. Online unter: holocaust.cz (aufgerufen am 26. Juli 2022).
  • Oliver Geiger: Kurzbiographie zu Clara Marcus (geb. Grund). Stolpersteine in Berlin. Online unter: https://www.stolpersteine-berlin.de/de/biografie/7200 (aufgerufen am 26. Juli 2022).